e-Business sorgt für Licht im Angebotsdschungel

neue verpackung, August 2015

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Maßgeschneiderte Produkte zu Preisen von der Stange. So oder ähnlich lässt sich wohl die "Schöne Neue Welt" der Industrie 4.0 in einem Satz zusammenfassen. Die Kehrseite der maximalen Freiheit wird in den Medien jedoch nur am Rande thematisiert. Dabei bringt eine steigende Produktvielfalt auch viele Herausforderungen mit sich. Franciska Bárdos, E-Business Beraterin bei ICONPARC, erklärt im Interview, wie "Mass Customization" den Käufer überfordern kann und welches Gegenmittel hierfür E-Commerce-Lösungen bieten.

Frau Bárdos, können Sie uns ein wenig zu den Hintergründen der "Mass Customization" erzählen?

In unserer Gesellschaft ist es heute mehr denn je zur Normalität geworden, dass unterschiedliche Lebensauffassungen und Lebensstile gleichwertig nebeneinander koexistieren. In Summe werden dadurch auch die Wünsche der Konsumenten vielfältiger. Viele Unternehmen reagieren darauf mit einer Erweiterung der Produktvielfalt beziehungsweise individualisierten Produkten. Noch vor einigen Jahren ging mit einem individualisierten Produkt auch ein deutlich höherer Preis einher.
Dieses Paradigma ändert sich im Zuge der Industrie 4.0. Flexible Produktionsmöglichkeiten werden individualisierte Produkte zu Preisen von der Stange ermöglichen. Wir erleben gerade einen Trend von der Massenfertigung hin zur Mass Customization. Schon jetzt ist die Produktvielfalt seit 1998 über alle Branchen um 250 Prozent gestiegen. Ganz weit vorne sind übrigens die Automobilindustrie und die Konsumgüterbranche. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend weiter verstärken wird.

Welche Auswirkungen hat Mass Customisation auf die Verpackungsbranche?

Als Folge der steigenden Produktvielfalt wird auch die Nachfrage von vielfältigeren Verpackungen steigen. Zum einen eröffnet dieser Trend Verpackungsmaschinen, Verpackungsproduzenten und Verpackungshändlern neue Optionen, sich am Markt zu differenzieren. Zum anderen nimmt mit steigender Produktvielfalt die Komplexität und damit der Aufwand in der gesamten Wertschöpfungskette zu.

Welche Herausforderungen sehen Sie dadurch für den Vertrieb?

Mir fällt auf, dass im Rahmen der Industrie 4.0-Diskussionen fast schon dogmatisch davon ausgegangen wird, dass eine höhere Produktvielfalt automatisch zu einem erfolgreicheren Vertrieb bzw. mehr Absatz führt. Auf den ersten Blick scheint dieser Schluss naheliegend. Immerhin steigt mit einer größeren Produktvariation die Wahrscheinlichkeit, dass für jeden Kunden etwas Passendes im Sortiment dabei ist, ganz gleich wie individuell die Wünsche auch ausgeprägt sein mögen. Doch maximale Freiheit kann auch maximale Überforderung beim Käufer hervorrufen. Das gilt für den privaten als auch den Geschäftskundenbereich.

Was genau meinen Sie mit maximaler Überforderung?

Forschungen zum Einkaufsverhalten weisen darauf hin, dass zu viel Freiheit den Käufer auch überlasten kann. In einem Experiment der Verkaufspsychologie hat die Forscherin Sheena Iyeng der Universität Columbia in New York festgestellt, dass eine geringere Auswahl an Marmeladen zu insgesamt höheren Verkaufszahlen führte. Sie hatte zwei Probetische aufgestellt, einmal konnten die Kunden aus sechs unterschiedlichen Marmeladen wählen, einmal aus 24 Varianten. Zwar lockte der Tisch mit der größeren Auswahl mehr Interessenten an, gekauft haben am Tisch mit den weniger Varianten jedoch wesentlich mehr Personen. Die Ergebnisse des Experimentes sorgten bei vielen Unternehmen für Aufruhr. Procter und Gamble reduzierte daraufhin sein Shampoo-Sortiment von 26 auf 15 und steigerte den Absatz dadurch um 10 Prozent

Das steht im Gegensatz zu den positiven Aspekten der Produktvielfalt, die von der Industrie 4.0 propagiert wird, oder?

Aus dem Experiment zu schließen, dass maximale Produktfreiheit aufgrund der begrenzten Auffassungskapazität des Menschen hinderlich für den Absatz ist, halte ich für zu voreilig. Produktvielfalt ist für den Anbieter ja letztendlich nur ein Mittel zum Zweck. Denn dem einzelnen Kunden ist es im Prinzip egal, wie viel Auswahl er hat, so lange er sein gewünschtes Produkt erhält. Nur wenn die Auswahl unübersichtlich ist und der Kunde bei seiner Suche alleingelassen wird, besteht die Gefahr der Überforderung. Wenn der Kunde sein gewünschtes Produkt nicht findet, kann er es auch nicht kaufen.

Sie sagen also, dass eine große Auswahl in Zukunft schon wichtig ist, es dabei aber auf ein kundenfreundliches Einkaufserlebnis ankommt?

Genau, gerade die Verpackungsbranche wird nicht um eine breite Produktpalette mit vielen unterschiedlichen Varianten herumkommen. Schließlich wollen individuelle Produkte individuell verpackt werden. Unternehmen, die es schaffen, Ihre Kunden im Verpackungsdschungel zu unterstützen und auf sie zugeschnittene Lösungen anzubieten, werden als Sieger hervorgehen. Moderne Vertriebswerkzeuge unterstützen hier.

Welche Vertriebswerkzeuge meinen Sie?

Ich denke da vor allem an E-Business-Lösungen wie E-Commerce- und Beschaffungsplattformen, elektronische Marktplätze sowie digitale Produktkonfiguratoren. Webshops gehören auch dazu, diese sind dabei nur die kleine sichtbare Spitze des Eisbergs.

Was ist an Webshops so besonders oder neu?

Webshops sind in der Tat nicht mehr neu. Heute sind sie jedoch in der Lage weitaus mehr zu leisten, als noch vor einigen Jahren. Viele Unternehmen assoziieren mit einem Webshop immer noch eine einfache Webseite mit ein paar Zusatzfunktionen wie zum Beispiel Zahlungsoptionen. Mit modernen E-Business-Lösungen für den Geschäftskundenbereich hat das aber genauso wenig zu tun wie eine Studentenbude mit einer Logistikhalle oder einem Bürogebäude. Zwar kann man als Start-up für den Anfang auch in einer Studentenwohnung ein paar Kisten lagern oder Rechnungen schreiben, doch sobald das Unternehmen eine bestimmte Größe erreicht, werden speziell dafür ausgerichtete Gebäude notwendig. So ähnlich ist es bei E-Commerce-Plattformen auch. Moderne Plattformen fügen sich nahtlos in die Infrastruktur und die Geschäftsprozesse eines Unternehmens ein und wachsen mit seinen Anforderungen und Prozessen. Sie automatisieren lästige repetitive Aktivitäten, reduzieren die Fehleranfälligkeit bei der Auftragsabwicklung und ermöglichen eine hocheffiziente Content-Verwaltung.

Vor über 13 Jahren hat ICONPARC eine E-Commerce-Plattform für den Verpackungshändler ratioform entwickelt. Wie findet sich der Kunde dort bei der riesigen Produktvielfalt zurecht? 

Ratioform ist mit seinem breiten und tiefen Sortiment bereits heute bestens für die Industrie 4.0 gerüstet. Über 6.400 Artikel sind im Sortiment, hinzu kommen maßgeschneiderte Verpackungslösungen. Im Gegensatz zum Marmeladen-Experiment unterstützt ratioform seine Kunden beim Findungs- und Einkaufsprozess durch einen benutzerfreundlichen Webshop. Besonders viel Energie steckt der Verpackungshändler in die Ergonomie des Einkaufs. Komplexe Warenstrukturen und variantenreiche Merkmalsleisten werden durch ausgeklügelte Filteroptionen aufgefangen. Mit dem Kartonfinder kann der Kunde direkt die Wunschausprägung seiner Verpackung eingeben, ohne dass er seitenlange Trefferlisten durchforschen muss. Gepaart mit aussagekräftigen Bildern und Produktbeschreibungen in hochwertiger Qualität machen diese Aspekte ratioforms Einkaufsplattform zu einer modernen E-Business-Lösung. Eine ganzheitliche IT-Infrastruktur im Hintergrund sorgt dafür, dass die Wartung und Pflege der Webshop-Inhalte effizient erfolgt.

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