Der Mensch auf der anderen Seite

München, Mai 2009, IT-Mittelstand

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Vor drei Jahren hat die ratioform Verpackungen GmbH aus Pliening bei München ihren Webshop neu gestaltet und generalüberholt und nutzt seitdem aktuelle Suchtechnologien, moderne Onsite-Vermartkungskonzepte sowie moderierte Webseiten. Von Christian Appel, dem Manager E-Business bei den Bayern, erfuhren wir, was einen erfolgreichen Online-Shop sonst noch so ausmacht.

ITM: Herr Appel, vor drei Jahren haben Sie Ihren Webshop einer Generalüberholung unterzogen. Warum?

Appel: Bereits seit sechs Jahren setzen wir auf die E-Business-Suite des Münchner Anbieters IconParc. Vor drei Jahren haben wir mit der Internetagentur dmc aus Stuttgart dann noch einen weiteren Partner ins Boot geholt, der das Vermarktungskonzept und des Design für unseren Online-Shop neu gestaltete.

ITM: Sie nutzen also eine Standardsoftware?

Appel: Im Prinzip schon, wobei wir das System kontinuierlich ausbauen und für unsere Zwecke vom Anbieter - als unseren verlängerten Arm in Sachen Technik - weiterentwickeln lassen. Heute sind alle Funktionen der E-Business-Suite stark an die ratioform-Anforderungen angepasst.

ITM: Ein Online-Shop entwickelt sich also ständig weiter?

Appel: Ganz genau. Als modernes Multichannel-Vertriebsunternehmen setzen wir hier natürlich nicht nur strategisch sondern eben auch operative eine Menge um: Wichtig ist für uns jedoch nicht der reine Online-Umsatzanteil - hier setzen wir auch in Zukunft auf People-Business und somit hat auch der Innen- und Außendienst die Nase vorn -, sondern die Bedeutung des Webshops an der Neukundengewinnung im Direktmarketing. Mittlerweile gewinnen wir über 60 Prozent der Neukunden über den Webshop.

ITM: Und wie haben Sie die Suchsystematik gelöst?

Appel: Auf das E-Business-System haben wir die Suchmaschine Fact-Finder aufgesetzt und auf unsere Bedürfnisse hin angepasst. Inzwischen sehen wir die Suchfunktion als ein Kernelement unseres Webshops und Online-Marketing an.

ITM: Was gehört noch alles zu einem erfolgreichen Web-Shop?

Appel: Wichtig ist die Integration eines Marketing-Konzeptes in die E-Commerce-Anwendung. Dabei geht es vor allem darum, dass der Besucher, der von einer Suchmaschine zum Webshop kommt, richtig empfangen wird. Das heißt, er sollte nicht nur auf die Webseite gelockt, sondern genau zum gesuchten Artikel geführt werden. Ein Beispiel: Sucht ein Kunde über Google nach einem Versandrohr, stößt er auf unseren Link und landet auf unserer Webseite direkt beim Produkt. Müsste er hier erneut suchen, verliert er schnell die Lust und verlässt die Seite. Darüber hinaus muss ein erfolgreicher Online-Shop kostengünstig zu betreiben und einfach zu administrieren sein. Wir beschäftigen nur zwei Mitarbeiter im Bereich E-Commerce, die fünf verschiedene Länder-Web-Shops verwalten und pflegen und auch noch das Online-Marketing koordinieren.

ITM: Welche Länder sind das?

Appel: Für Deutschland und Österreich betreiben wir einen identischen Online-Shop, hinzukommen Italien, Spanien und die Schweiz.

ITM: Wie werden Länderspezifika wie Mehrwertsteuersätze oder Währungen abgebildet?

Appel: Gemeinsam mit unserem Softwarelieferanten haben wir das System so entwickelt, dass diese automatisch abgebildet werden. Da unser Webshop international aufgestellt ist, stellen wir länderspezifische Sortimente bereit ebenso wie Staffelpreise, d.h. der Preis eines Produktes ist von der Bestellmenge abhängig. Eine weitere Besonderheit ist unser Franchisesystem. Dies besagt, dass Bestellungen an verschiedene Mandanten, die auf unserer E-Commerce-Plattform als Verkäufer auftreten, übermittelt werden. Im Business-to-Business-Bereich kommen dann weitere Funktionen dazu, z.B. die separate Ausweisung der Mehrwertsteuer oder kundenindividuelle Preise.

ITM: Also greifen auch Großunternehmen via elektronischer Beschaffung auf Ihren Online-Shop zu?

Appel: Wir sind als Lieferant an verschiedene elektronische Beschaffungssysteme von Großkunden angeschlossen und liefern diesen Kataloge, OCI-Schnittstellen, arbeiten mit Gutschriftverfahren oder stellen die gewünschte Verbindung zu anderen Marktplätzen her.

ITM: Was sollten mittelständische Betriebe beim Aufbau eines Online-Shops vor allem beachten?

Appel: Elektronischer Handel ist heute nur erfolgreich, wenn man bedenkt, dass auf der anderen Seite des Bildschirms immer Menschen sitzen. Aus diesem Grund haben wir selbst für ein eher technisches Produkt wie eine Verpackungslösung einen emotionalen Webshop aufgebaut, bei dem die Kunden direkt begrüßt bzw. persönlich von unserem Geschäftsführer angesprochen werden. Und auf einigen Webseiten führen unsere Mitarbeiter selbst per Video Produkte wie z.B. Verpackungsmaschinen vor.

ITM: Sie lassen Ihre Webseiten sozusagen moderieren?

Appel: Ja, und das ist ein wichtiger Vorteil unserer E-Business-Software, in die wir neue Technologien einfach integrieren können.

ITM: Können Sie sich vorstellen, demnächst auch Web 2.0-Funktionen einzubauen?

Appel: Nein, denn bei Web 2.0 erhält der Endkunde ja typischerweise die Möglichkeit, sich selbst im Netz einzubringen. Der Stellenwert von Verpackungen als "Lifestyle-Produkt" über das ich eine persönliche Geschichte erzählen möchte, ist aber wohl eher gering und daher müssen wir dem Kunden keinen Weblog anbieten, sondern die richtigen Produkte, die er schnell finden und einfach bestellen kann.

ITM: Für welche Unternehmen eignet sich Web 2.0 denn dann?

Appel: Für alle Unternehmen, die Produkte anbieten, mit denen sich die Käufer intensiv beschäftigen möchten und ein Erfahrungsaustausch gewünscht ist. Das können Sportgeräte, Reiseplattformen und Gesundheitsprodukte bzw. Kosmetika sein.

ITM: Zurück zu Ihrem Online-Geschäft. Werden Daten automatisch aus der Warenwirtschaft übernommen?

Appel: Die Daten, die in unseren Webshop fließen, stammen nicht aus der Warenwirtschaft, sondern aus unserem Produktinformationsmanagement ( PIM)-System, auf dem auch unsere gesamte Katalogproduktion aufbaut.

ITM: Und wo wird die Webseite gehostet?

Appel: Direkt bei IconParc. Hier mussten wir nach der Neugestaltung die Ressourcen erhöhen und eine kleine Serverfarm aufbauen, mit der wir hohe Zugriffsraten abfangen können. Dazu gehört ein Datenbank-, Applikations- sowie Suchmaschinenserver.

ITM: Gibt es Zeiten, in denen Sie verstärkte Zugriffraten verzeichnen?

Appel: Mehr Zugriffe verzeichnen wir zum einen im Jahresendgeschäft ab Oktober und zum anderen nach bestimmten Kampagnen z.B. Newsletter-Aktionen oder verstärktem Online-Marketing.

ITM: Was steht in nächster Zeit in Sachen E-Business bei Ihnen an?

Appel: Wir wollen verstärkt kundenindividuelle Webshops etablieren. Ein Kunde erhält damit eine kleine Beschaffungsplattform, die alle Prozesse seines Unternehmens abbildet. Integriert sind beispielsweise besondere Preise, Freigaberoutinen, Budgetbeschränkungen oder individuelle Sortimente. Hintergrund ist, dass die elektronische Beschaffung für viele Unternehmen ein strategisches Thema ist und sie mit unseren Beschaffungsplattformen dann weder in spezielle Software noch in Mitarbeiter investieren müssen.

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